Montag. Es hat die ganze Nacht hindurch geregnet. Die heutige Postkarte ist keine schöne! Was soll’s, ich ziehe halb 7 Uhr los und es regnet in Strömen. Da fällt mir doch glatt „I’m singing in the rain“ ein und ich tue es. Hoffentlich hat mich niemand gehört. Nee, bei dem Mistwetter bin ich ziemlich alleine unterwegs. 8 Meilen und 1700 Meter in die Höhe. Nur deshalb hat das mit dem Singen nicht so gut geklappt!

Der Regen hört und hört nicht auf und ich laufe einfach immer weiter. Mittagspause, wozu? Man will sich ja nicht auf einen nassen Stein setzen oder sogar die Isomatte ausbreiten und ein Nickerchen machen. Da wird man ja nass! Ach ja, ist man eh schon bis auf die Knochen! Hoffentlich hole ich mir keine Erkältung!
Und dann, oh Wunder, steht an einem Parkplatz bei diesem Schietwedda ein Tisch mit Obst, Kuchen und Getränken! Ich sage nur Trailmagic! The trail provides! Greg und seine Frau stehen da und warten auf uns. Respekt, stundenlanges Warten bei nasskaltem Wetter macht nun wirklich keine Freude! Als ich komme ruft Greg mir zu: „Bist du ein PCT-Hiker? Ach ja, dich kenne ich! (Wir hatten uns nämlich vor drei Tagen schon mal getroffen.) Du bist doch Dr…, Dr…__- irgendwas mit Zahn war’s! Ach ja, Dr. Cola!“ Der Name ist scheinbar sehr einprägsam und jeder will wissen, wie ich zu ihm kam. Dann erzähle ich meine Story und alle amüsieren sich köstlich. So leicht kann man Freude bereiten!
Nach einer Weile, einer Cola (na klar!) und einem Bier plus Melone und Banane ging es im Regen weiter vorwärts. Viele Hiker haben die Trailangel heute nicht versorgen können. Vor mir waren 4 Hiker da und nach mir auch.
Dadurch, dass ich heute kaum Pause gemacht habe bin ich auf 24 Meilen gekommen und kann in einer Regenpause schnell mein Zelt aufstellen. Ich raste heute an einem wunderschönen See. Aber der Name ist lustig – Stachelschweinsee.

Dienstag. Das Mistwetter geht weiter! Es hat auch heute die ganze Nacht hindurch geregnet. Ich überlege, ob ich wirklich losgehen soll? Und dann stelle ich fest, dass das Wasser in meinem Zelt steht! Da bringt Liegenbleiben nichts! Also rein in die nassen Socken und rein in die nassen Schuhe! Schön ist was Anderes! Rucksack eingepackt und obendrauf das fatschnasse Ober- und Unterzelt plus Groundsheet. Das ist natürlich auch schlammig! Und los! Es ist ja auch schon um 8 Uhr!

Ein ungarisches Sprichwort fragt, warum freut sich der Zigeuner, wenn es regnet? Weil er weiß, dass danach die Sonne wieder scheint! Meine Freude hält sich sehr in Grenzen!

Als gegen Mittag der Regen nachlässt und sogar die Sonne ein wenig heraus schaut, sehe ich zum ersten Mal am Tage die Landschaft. Ich mache eine Rast und versuche das Zelt zu trocknen. Na hoffentlich, bleibt es jetzt von oben her trocken, so dass ich es am Abend auch aufstellen kann. Ach ja, irgendwelche Unterstände gibt es hier draußen nicht. Da hat man das Wetter immer aus erster Hand!

Mittwoch. Hey, Petrus! Was soll das? Wir haben Sommer! Hochsommer! Auch in Kalifornien!

Also mal ehrlich, Anfang Juli bin ich noch nie mit einer Daunenjacke herumgelaufen! Aber heute war es nötig. Es hat zwar nicht mehr geregnet, dafür ging ein eisiger Wind. Und Nebel, Nebel, Nebel!

Es war heute Morgen richtig mystisch. Mittelerde lässt grüßen! Aber die Sonne kämpfte. Gegen 10 Uhr hat sie es dann geschafft. Es ist zwar immer noch frisch, wolkig und windig, aber man kann endlich wieder was von der Welt sehen!


Auch heute ging es wieder fast nur durch den Wald. Das ließ sich wieder super laufen und man konnte Meilen machen. Am Ende waren es wieder 24. Habe ich eigentlich schon gesagt, dass die Tannenzapfen jetzt ganz anders aussehen? Sind, glaube ich, auch Pinienzapfen.

Am Nachmittag wurde es dann etwas gruselig. Ich bin etwa 5 Stunden durch verbrannten bzw. angekokelten Wald gelaufen. Wenn ich die Wanderstöcke in die Erde setzte, klang es so, als wenn man sie in Kohlengrus stieß. Und genau so klang das auch.


Tja und sonst? Kein Hiker weit und breit heute. Erst als ich abends 7 Uhr mein Zelt aufgebaut hatte und meine allabendliche Ramen verspeiste, kamen zwei vorbei marschiert. So, morgen habe ich 22 Meilen vor mir, dann geht es mal wieder in die Stadt. Mal sehen, ob ich das noch abends machen werde oder doch noch eine Nacht im Wald verbringe und erst am nächsten Morgen nach Etna fahren werde.
Donnerstag. Auch heute geht der Tag genau so los, wie gestern.

Womit habe ich das nur verdient? Wobei, ein wenig wärmer kommt es mir vor. Also, schnell das Porridge gegessen, die heiße Schoki getrunken, zusammengepackt und los. Kaum dass ich den Berg 30 Meter hinab bin, kommt die Sonne hervor.
Nun wird mir Einiges klar! Ich habe mal wieder in einer Wolke geschlafen! Auf einer Wolke liegen…, okay. Aber in einer Wolke…? Da braucht man sich nicht wundern, wenn alles fatschnass ist!
Es dauert gar nicht lange, und die Sonne kommt richtig raus . Aber richtig warm wird es nicht. Da bin ich aber nicht bös drüber, denn stellenweise gibt es keinen Schatten.
Heute geht es größtenteils wieder durch den Wald. Zum Teil ist et verkohlt, verbrannt, aber auch über weite Strecken schön grün. Auf jeden Fall nie aufgeräumt!

Es ist der reinste Hindernislauf! Mitunter schaffe ich da nur eine Meile in der Stunde. Ich will mal nicht nur meckern, Aussichten gab es endlich auch wieder. Und die waren wunderschön.


Der Höhepunkt des Tages kam aber erst am Abend. Mich hatte heute wieder nur ein einziger Hiker überholt und das erst kurz vor dem Ende der heutigen Etappe. Ich sah ihn unten am Trailhead an der Straße stehen, wie er versuchte zu hitchen. Um die Zeit und der Gegend kommt doch keiner mehr – dachte ich jedenfalls. Eine innere Stimme sagte mir aber, beeile dich! Vielleicht hat er ja doch Glück? Und das hatte er! Gerade als eine ältere Frau mit ihrem fast genauso alten Pickup losfahren wollte, kam ich dazu und wurde mitgenommen. Mit ihrem Auto transportierte sie eine Ladeflächenabdeckung für einen anderen Pickup. Unter den mussten wir klettern. Aber nicht einfach klettern, Zugang ging nur durch ein 40 x 40 kleines Fenster. Gut, dass man auf so einer langen Wanderung ein paar Kilo gelassen hat! Die Rucksäcke durften auf dem Beifahrersitz mitfahren.
Die Frau ließ uns dann in Etna vor einem Restaurant (Brauerei) wieder heraus und es ging dann auch gleich in selbiges hinein. Endlich mal wieder was anderes essen und trinken!