Sächs. Jakobsweg

30. März 2021 – ein neuer Plan

Bald geht es wieder los! Ich muss mal wieder raus!

Anfang Mai gehe ich wieder pilgern. Eigentlich wollte ich auf den Franziskusweg nach Italien – aber ist nicht. Alternativ hatte ich den Corfu-Trail und den Dingle Way in Irland gedacht, aber das kleine Miststück von Virus durchkreuzt noch immer alle Pläne. Bleibt nur Deutschland und auch das nur vielleicht.

Ich lasse es darauf ankommen. Ich will in Bautzen auf den Sächsischen Jakobsweg starten. Keine Ahnung, wo ich übernachten kann. Beherbergung zu touristischen Zwecken ist ja nicht gestattet. Da werde ich mal vorsichtshalber Zelt und das ganze andere Equipment auch in den Rucksack packen und mal hier und dort fragen, ob ich selbiges für eine Nacht auf der Wiese aufstellen darf.

Lasst euch überraschen! Ich lasse es mich auch!

erster Tag – 3. Mai 2021 – Los geht´s!
Triebes Hauptbahnhof

Heute geht es los! Pünktlich 8.17 Uhr geht die Reise los. Erstmal nach Leipzig, dann weiter mit dem ICE nach Dresden Neustadt. Dort warten wir etwa 5 Minuten auf die Einfahrt in den Bahnhof. Das wird knapp bei 6 Minuten Übergangszeit! Die Bahn-App sagt, der Anschlusszug ist weg, aber meine Uhr sagt, noch 2 Minuten! Ich renne zum übernächsten Bahnsteig, steige ein und der Zug fährt sofort los. Glück gehabt! In Bischofswerda geht dann das Umsteigen ganz entspannt und ich komme pünktlich in Bautzen an. Halb 2 bin ich am Startpunkt an der Hammermühle.

Hammermühle

Und schon geht das Gesuche los! Natürlich habe ich mich ein paar mal in der Stadt verlaufen! Auch war es schrecklich windig und kalt und meine Mütze weg, Gut, dass ich durch Zufall einen Intersport fand. Der verkauft jetzt auch Mineralwasser und Toilettenpapier und darf deshalb öffnen. Finde ich schon etwas seltsam, aber mir hilft es und ich kann eine Mütze kaufen. Dann geht es aber wirklich los! Vor mir liegen noch 20 km Weg. Erst einmal wandere ich am Stadtrand von Bautzen durch ein wunderschönes Spreetal. Danach ging es eigentlich fast nur noch auf Asphaltwegen weiter.

Kirche in Göda

Das Wetter wurde immer schlechter und zeitweise nieselte es auch. Dann ging auch noch ein Trekkingstock kaputt! Glücklicherweise konnte ich den aber wieder reparieren. Gegen 18 Uhr habe ich dann mein heutiges Quartier – das Gästehaus der Steinmetzschule in Demitz-Thumitz – kurz vor einem heftigen Regenguss erreicht.

Demitz-Thumitz
4. Mai – zweiter Tag

Es war nicht wirklich ein schöner Tag! Eigentlich fing er ganz gut an. Als ich halb 8 starten wollte, traf ich doch noch die nette Chefin des Gästehauses der Steinmetzschule und konnte mich nun auch bei ihr persönlich für die Übernachtungsmöglichkeit bedanken. Aus dem kurzen Gespräch wurde aber unversehens eine ganze Stunde! Zum Abschied bekam ich noch eine kleine Flasche des Oberlausitzer Urgesteins geschenkt. In der großen Flasche ist dann auch ein Granitstein drin.

Dann ging es bei teilweise stürmischen Wetter los. Und was soll ich sagen, 2 km hinter dem Ort habe ich mich gleich das erste Mal verlaufen! 3 km mehr – dafür einen schönen See gesehen.

Wie gesagt, das Wetter war mistig. Über Mittag hat es 3 Stunden heftig geregnet. Natürlich bei heftigem Wind. Der Chillout war ganz schön heftig. Die 13 Grad fühlten sich höchstens wie 5 Grad an. Der nächste Ärger war, dass die ausgeschilderte Wegführung nicht mit dem GPS-Track bzw. mit der Beschreibung im Pilgerführer überein stimmte, so dass ich mich in Bischofswerda natürlich auch verlief.

Bischofswerda

Warum die Stadt Schiebock genannt wird muss ich noch herausfinden! Ansonsten ist hier nicht viel los. Die Stadt macht einen verarmten und an einigen Stellen herunter gekommenen Eindruck. Auch die Dörfer in der Region sind nicht immer Schmuckstücke.

Stempelstelle in Seeligstadt

Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel! Gegen halb 6 kam ich bei meiner heutigen Unterkunft in Großerkmannsdorf an. Niemand da! Erst eine halbe Stunde später kam die Tochter des Hauses und hat mir Einlass gewährt. Mit mehr als 30 km in den Beinen und der Kälte des Tages ist man dann doch k. o. und freut sich über die heiße Dusche.

Kirche Großerkmannsdorf

Morgen wird bestimmt alles schöner! Es geht nach Dresden!

5. Mai – dritter Tag

Tage wie dieses braucht man nicht wirklich! Dabei fing alles ganz gut an. Das Wetter war zwar wieder sehr trübe und der Wind wieder sehr heftig. Nach 3 Kilometern Straßenmarsch fand ich nach etwas Sucherei doch recht schnell die Stempelstelle in Ullersdorf.

Ullersdorfer Stempelstelle

Von hier aus ging es dann quer durch die Dresdner Heide, die gar keine Heide, sondern ein ausgedehntes Waldgebiet ist. Endlich Waldboden! Kein Asphalt und kein Betonpflaster und kein Wind! Beim Einlaufen nach Dresden gegen Mittag kommt sogar ein wenig die Sonne raus, aber weiterhin stürmischer Wind und einzelne Regenschauer.

Elbufer Dresden

Aber Dresden ist seltsam menschenleer. Fast unheimlich! Die Stempelstelle in der St. Benno Buchhandlung gibt es nicht mehr. Der Laden ist seit Januar nicht mehr existent. Selbst die Stadtinformation hat coronabedingt geschlossen. Etwas zu Essen zu finden ist auch nicht ganz einfach. Finde aber dann doch ein japanisches Restaurant, wo es Ramen to go gibt. Naja und dass die Frauenkirche nicht zu besichtigen war, brauche ich nicht zu erwähnen.

Dresdner Frauenkirche

Den Marsch durch die Stadt hatte ich mir schwerer vorgestellt. Ging ganz gut. Habe mich nicht einmal verlaufen! Das habe ich dann aber am Ortsausgang geschafft. Es hat mal wieder fürchterlich geregnet und ich habe den Abzweig nach Pesterwitz verpasst. Jetzt weiß ich, wie man zu Fuß nach Freital kommt. Also wieder Straßenkampf hinauf nach Pesterwitz. Nach etwas Sucherei auf dem Kirchgelände finde ich den ach so wichtigen Stempel. Fragen kann man niemanden. Kirchgemeinde geschlossen und Pfarrbüro beides coronabedingt nicht besetzt. Im Hofladen gegenüber kaufe ich noch etwas zu trinken und 2 leckere Äpfel. Die erste Flasche Cola vernichte ich sofort! Als ich los will geht wieder ein mordsmäßiger Regen los. Ein Kunde hat Mitleid mit mir und nimmt mich ein wenig mit in meine Richtung. So kann ich Grumbach trockenen Fußes erreichen. Auch hier finde ich keine Stempelstelle bei der Kirche. Was solls! Noch 5 km bis Fördergersdorf. Es geht wieder übers Feld und damit kriegt man den kalten Wind wieder volle Breitseite. Dort angekommen, suche ich meine heutige Unterkunft und muss feststellen, dass die in Grumbach war. Die Pfarrerin in Fördergersdorf hat kein Herz für mich und ich muss wieder zurück. Somit hätten es heute durchaus 10 km weniger sein können. Als ich gegen 19 Uhr ankomme habe ich bestimmt 40 km in den Socken.. Kaum dass ich rein bin, ging wieder ein heftiger Regen los. Glück gehabt!

6. Mai – vierter Tag

Der Tag begann mit strahlendem Sonnenschein. Jedenfalls war das früh um 6 Uhr so. Aber zu früh gefreut, denn um 7 Uhr war wieder alles so, wie in den Tagen vorher – also kalt, stürmisch und regnerisch. Dazu sollte auch noch Graupel kommen, aber das wusste ich da noch nicht. Heute hatte ich das erste Mal ein gemeinsames Frühstück mit meinen Herbergseltern. Es entspann sich eine sehr nette Unterhaltung, so dass ich erst halb 9 in die Spur kam. Die ersten 5 km kannte ich ja schon vom Vortag. An der Kirche von Fördergersdorf wollte nochmal mein Glück wegen des Stempels versuchen. Es war aber alles verriegelt und keiner da. Als ich los wollte, kam eine Frau mit Aktentasche, die ich fragen konnte. Und siehe da, es klappte!

Kirche Fördergersdorf

Dann weiter! Von hier aus hatte ich noch 27 km vor mir bis Freiberg. Und endlich ging es wieder für längere Zeit durch den Wald. Da macht das Laufen Freude, zumal man das schlechte Wetter nicht so spürte und ich komme gut voran. Auch wenn ich mit Absicht auf dem Holzweg war!

Holzweg bei Grillenburg

Grillenburg ist ein kleiner Ort, hat aber ein Jagdschloss, welches natürlich nicht zugänglich ist.

Jagdschloss und Gondelteich

Es geht immer weiter und weiter. Gegen Ende der Tour muss ich noch ein paar mal knackig bergauf bevor ich endlich Freiberg vor mir sehe.

Freiberg mit Dom

Am Dom gibt es natürlich auch keinen Stempel für den Pilgerpass. Alles ist zu! Habe aber dann Glück in der Stadtinformation. Vom Dom aus sind es noch 20 Minuten Fußweg bis zu meiner heutigen Unterkunft…. und nun genieße ich mein Abendessen mit Thai-Nudeln und einem echten Freiburger Pils.

7. Mai – Fünfter Tag
Wasserwerk Freiberg

Raindrops keep falling on my head! Eigentlich ein Tag zum zuhause bleiben! Aber nein, der Weg ruft! Bloß gut, dass es nur 25 km sind und mir die Zimmervermietung in Falkenau schönes Wetter versprochen hat! Wenigstens bläst der Wind nicht ganz so stürmisch, wie in den letzten Tagen. Ansonsten ist der Weg ziemlich unspektakulär bis Oederan. Stempel gibt es auch nicht – zumindest suche ich nicht extra die Herbergen, in denen ich ja auch nicht übernachtet habe.

Kleines Erzgebirge in Oederan
Oederan

Oederan ist ein kleines, nettes Städtchen. Aber auch hier ist nahezu alles dicht. Keine Kirche geöffnet, keine Kirchgemeinde geöffnet, kein Pfarrer öffnet. Nicht einmal die Stadtinformation ist besetzt. Dann eben nicht! Dafür habe ich etwas für die Ökumene getan. Ich habe beim Dönermann Pommes gekauft und diese wind- und wettergeschützt auf den Kirchenstufen verspeist. So nahe können sich Islam und Christentum sein.

ein bissel Ökumene auf den Treppenstufen des Domes

Weiter geht es nach diesem Mittagessen zu einem schönes Ausblick, von dem man Schloss Augustusburg sehen kann.

Augustusblick

Eigentlich möchte man verweilen, aber es fängt wieder fürchterlich an zu graupeln. Es sind nur noch 3 km bis zum Etappenziel. Und was soll ich sagen, ich erreiche Falkenau und die Sonne scheint! Und am Wegesrand finde ich noch eine Box mit Aufklebern anstelle vom Pilgerstempel. So kann ich wenigstens den Tag dokumentieren. Meine Unterkunft heute ist eine kleine Ferienwohnung. Nach 3 Tagen endlich wieder warmes Wasser zum Duschen, Rasieren und ein wenig Wäsche waschen. Außerdem gibt es ein richtiges Bett. Halt ein bisschen Verwöhnprogramm vor den 36 km morgen.

8. Mai – sechster Tag

Was für ein Morgen?! Strahlend blauer Himmel! Komisch nur, dass es auf den Wiesen und den Dächern weiß aussieht. Egal! Da lacht das Wandeterherz! Beste Bedingungen um in den neuen Tag zu starten! Es geht auch gleich gut voran, da es mal nicht über geteerte Straßen, sondern über Feldwege ging. So erreiche ich ziemlich schnell Flöha. Muss ich noch sagen, dass die Kirche geschlossen war? So wird es wohl überall sein. Im Neubaugebiet habe ich mich mal wieder verlaufen, habe es aber rechtzeitig bemerkt und konnte so ganz schnell auf den Weg zurück. Und dann kam ein hammerharter Anstieg! Bestimmt 1,5 km stetig bergauf. Und wenn du denkst, du siehst das Ende, nee, geht noch weiter bergauf! Das Ganze dreimal! Tja, da wird einem gezeigt, dass man nicht mehr der Fitteste ist! Von hier oben aus kann man des erste Mal Chemnitz sehen. Vorher geht es nach Euba. Kleiner Ort, kleine Kirche, kleiner Stempel, kleine Pfarrersfrau. Unterhalte mich ganz nett mit ihr. Dann muss sie aber los, da das Kind seine Patentante unbedingt zum Geburtstag besuchen muss.

Kirche Euba

Weiter geht es Richtung Chemnitz. Wieder über Feldwege und durch den Wald. Klar, manchmal ist auch Landstraße dabei! Aber nicht überwiegend! Dann in Chemnitz nimmt die Katastrophe ihren Lauf! Ich verlaufe mich immerzu. Oftmals fehlen die Wegzeichen oder sind zur Unkenntlichkeit beschädigt oder übersprüht. Ich nehme dann doch das GPS, um wenigstens ins Zentrum zu kommen.

Mein Entschluss steht fest. Raus aus der Stadt nehme ich die Straßenbahn. Ich will nicht mit dem Handy in der Hand durch die Stadt stürzen! Außerdem habe ich schon genug graue Haare! Also, 4 km bis Altchemnitz von der Tagesleistung abziehen! Dann geht es mit kleineren Verirrungen bis zum Wasserschloss Klaffenbach. Nobler Ort!

Wasserschloss Klaffenbach

Ringsherum ist Golfplatz. Was für Automarken sich hier tummeln ist auch klar. Im Schloss wird man gebeten, mit Kreditkarte zu zahlen. Habe ich so noch nie in Deutschland erlebt. Und nun was Positives: Im Schloss wartet man auf eine Absprache für eine Hochzeitsfeier. Damit ist offen und ich kann einen weiteren Stempel in meinen Pilgerpass bekommen. Von hier aus ist es nun nicht mehr weit nach Adorf. Nicht unseres im Vogtland! Adorf im Erzgebirge. Naja, wobei am Erzgebirge sicherlich richtiger wäre. Der nächste Ort ist dann Jahnsdorf, wo ich heute in der Pilgerherberge übernachten werde. Der Chef ist diverse Pilgerwege und den Camino mehrfach gegangen. Jedenfalls hängen hier mehrere Testimonials rum. Als besonderes Highlight steht auf seinem Grundstück außer dem 3000 km bis Santiago – Stein die weltweit erste Pilgerpyramide. Willkommen im Arzgebirg!

Pilgerpyramide Jahnsdorf
10. Mai – siebter Tag

Der Tag geht wieder mit strahlendem Sonnenschein los. Zum Frühstück bekomme ich noch Besuch vom Chef des Hauses. Wir hatten uns am Vorabend noch über dies und das die Pilgerei betreffend unterhalten. Auch hatte ich ihm erzählt, dass ich eine Bank am Olavsweg aufgestellt hatte. Dies ließ ihm irgendwie keine Ruhe. Er hatte abends noch seinen Kumpel angerufen und davon berichtet. Der wusste, wo die Bank steht und sie darauf sogar sich ausgeruht hatten. Tja, und nun war ich der Deutsche, der das Ding dahin gestellt hatte. Naja, er war ziemlich hin und weg! Ich bin dann gegen 8 Uhr auch weg. Bin gut durch Flöha durchgekommen. Kurzer Stopp in Stollberg an der Jakobikirche sollte es werden. Pilgerstempel holen. Ich wurde freundlich zum Gottesdienst eingeladen. Was ich nicht wusste war, es war Konfirmandenvorstellung! Und das dauerte natürlich etwas länger! Okay, dann musste ich etwas mehr Gas geben. Der Schweiß rann gewaltig. Es waren geschätzte 27 Grad. Am Ortsausgang traf ich 3 Jakobspilger, die aber so mit sich selbst beschäftigt waren, dass ich nur ein Störfaktor war.

Oelsnitz

Obwohl wir uns noch 2x trafen, wurde ich keines Blickes gewürdigt. Seis drum! Gegen 16 Uhr erreichte ich Reinsdorf. Das ist ein ewig langer Ort. Das erste Haus am Ortseingang hatte Nummer 284! Naja, und immer schön der einzigen Straße entlang. Kurz vor Zwickau passierte es dann doch noch, dass ich mal wieder den Abzweig verpasste. Dann ging aber alles gut und ich war halb 7 Uhr am Dom. Dort wurde ich von meiner lieben Frau abgeholt und übernachtete bei meinen Schwiegereltern. Eine Unterkunft ist im Großraum Zwickau zur Zeit für Pilger nicht zu bekommen.

11. Mai – achter Tag

Auch heute geht der Tag wieder mit strahlendem Sonnenschein los. Noch vor 8 Uhr stehe ich wieder in Zwickau am Dom am Start.

Aus Zwickau heraus zu kommen war überhaupt kein Problem. Einfach immer gerade aus. Insgesamt wurde auch die Strecke angenehmer. Nicht mehr ganz so viele Straßen! Auch die Landschaft wurde freundlicher. Eben Vogtland! Ist wird einfach heimatlicher. Vorbei am Tierpark Hirschfeld, den ich mit meinen Kindern ein paar Mal besucht habe, ging es weiter durch den Wald hinab zur Lochmühle.

Lochmühle

Die hat seuchenbedingt natürlich auch geschlossen. Ich versuche dennoch mein Glück zu, bekomme weiß Gott meinen Pilgerstempel und sogar noch eine Flasche Radler, die zwar über dem Mindesthaltbarkeitsdatum war, geschenkt. Die war bei der großen Hitze des heutigen Tages ganz schnell weggezischt. Weiter ging es dann nach Irfengrün und weiter zur Jakobskapelle.

Pilgerkapelle Irfengrün

Entlang eines Berghanges führte der Weg an Waldkirchen vorbei hinab ins Göltzschtal. Bei Lengenfeld dann wieder steil bergauf auf einer Betonplattenstraße zum Pilz, einem Aussichtspunkt. Oh, ich hasse diese Betonwege! Nach etwa 3 km durch den Wald – hier bin ich wieder auf dem Vogtlandpanoramaweg – gelange ich zum Perlaser Turm.

Perlaser Turm auf der Wilhelmshöhe

Von hier aus sind es noch 2,5 km bis nach Treuen, wo es das beste Eis außerhalb Italiens gibt und ich von meinem Spezel Steffen abgeholt werde und in Auerbach übernachten kann, weil wie gesagt, es ist sieht schlecht aus zur Zeit für Pilger.

Pieschels Eisdiele in Treuen
12. Mai – neunter Tag

Bis jetzt der schönste Tag der Tour. Steffen nahm mich am Morgen auf seinem Weg in die Arbeit mit und brachte mich in die Nähe von Bergen Das war zwar nicht genau an die Strecke, aber man hat ja Komoot und zwei Beine. Der Zufall, oder war es inneres Gespür, wollte es, dass ich an einer Stelle des früheren Jakobsweges startete. Da ging es nach 100 Metern auf der Straße gleich ab in den Wald! Natürlich erst mal gleich zur Erwärmung ein langes Stück bergauf. Immer wieder bergauf und bergab. Durch Kottengrün bis ich dann bei Lottengrün wieder auf den aktuellen Weg fand.

Unser Vogtland

Herrliches, fast zu herrliches Wetter und herrliche Aussichten! Geschwinden Schrittes gelangte ich nach Oelsnitz.

Oelsnitz im Vogtland

Schloss Voigtsberg hat geschlossen. Diesmal ist nicht (nur) Corona dran schuld. Es wird fleißig gebaut. Also wird wieder nichts mit dem Pilgerstempel, zumal die Stadtinformation auch geschlossen hat. Um Frust abzubauen ging ich in der Stadt in den Rewe-Markt und leistete mir Nudelsalat von der Salattheke. Noch ein bisschen Gemüsesalat dazu und schon hat man ein leckeres Mittagessen. Dann kam es aber wieder, wie es kommen musste. Wahrscheinlich ist es Pflicht, sich jeden Tag zu verlaufen? Ich bin mal wieder in die falsche Richtung losgestürzt. Einen Vorteil hatte es dennoch. Ich konnte am Strandbad meinen Müll entsorgen.

Jakobikirche in Oelsnitz

Dann ging es doch wieder ein ganzes Stück auf dem Asphalt in glühendheißer und schwüler Mittagshitze bergan, bevor ich wieder im Wald verschwinden konnte. Da schlägt das Wandererherz wieder höher! Ich glaube, wären diese schattigen Abschnitte nicht gewesen, hätte es heute mit dem Sonnenbrand geklappt.

Schutzhütte

2 Kilometer vor Triebel, meinem heutigen Etappenziel, mache ich noch eine Rast. Wasser auffüllen! Es ist der Wahnsinn, wie viel ich in den letzten Tagen getrunken habe. Dann aber los! Der Himmel trübt sich ein und es sind für den Nachmittag Gewitter gemeldet. Kurz vor der Triebeler Wehrkirche erwischt es mich doch! Diesmal erweist es sich von Vorteil, dass an der Kirche gebaut wird. Hier gibt es eine überdachte Fläche und ich kann mich unterstellen.

Wehrkirche Triebel

Nach dem Gewitterguss gehe ich hinab in den Ort, muss mich aber gleich wieder unterstellen, um nicht nass zu werden. Glücklicherweise hat das Kulturhaus geöffnet! Tja, die Rentner wollen Tischtennis spielen. Dann spricht mich eine Frau an, ob ich Pilger sei? Sie hat nämlich den bewussten Stempel! Der befindet sich im Gemeindeamt und nicht, wie im Internet beschrieben, an der Kirche. Sie war es übrigens auch, die mir hier im Ort bei einer Familie Quartier für heute Nacht besorgt hat. Kurz vor dem nächsten Gewitterguss erreiche ich meine Unterkunft und werde mit Mineralwasser und Melonenscheiben verwöhnt. Mal schauen, wie es sich heute in einem Wintergarten schläft?!

13. Mai – Finale

Es war eine komische Nacht. Entweder war ich wegen der letzten Etappe schon aufgeregt, oder lag es an dem schlechten Wetter? Es hat die ganze Nacht hindurch ganz heftig geregnet. Gegen 5 Uhr ließ es ein wenig nach, um dafür ab 6 Uhr wieder fürchterlich zu schütten. Was solls, dann ist heute eben Regenbekleidungstest angesagt! Halb 7 geht es in die Spur. Richtig Freude kommt nicht auf. Man zieht den Kopf ein, hofft, dass man kein Hinweiszeichen übersieht und läuft und läuft und läuft. Gegen 8 Uhr kommt der erste kleine Hunger, finde auch gleich eine Schutzhütte – aber die ist mit Radfahrern, die hier übernachtet haben, belegt. Also weiter! Wenig später finde ich eine überdachte Bank (heißt bei uns Raafe) und ich packe mein Frühstück aus.

Es regnet Blasen! Da weiß man ja, wie das mit dem Wetter weitergeht! Der Wetterbericht hatte leider recht. Die Regenjacke ist dicht, dennoch ist man klitschnass. Nicht nur äußerlich, sondern auch von innen, nämlich vom Schweiß. Und ehe ich anfange zu frösteln, marschiere ich lieber wieder los. Immer der selbe Trott, bis dann ein ehemaliger Wachturm der ehemaligen Staatsgrenze auftaucht.

Ich bin nun nahe am Dreiländereck. Eigentlich wollte ich hier abkürzen, aber irgendwie zieht es mich doch an diesen speziellen Ort. Ich laufe auf dem Kolonnenweg der NVA direkt an der Grenze, dem ehemaligen Todesstreifen zwischen Ost und West. Auch heute, über 30 Jahre nach dem Fall der Mauer, kann man an noch vorhandenen Betonteilen noch immer erkennen, wo früher für uns Schluss war.

Dreiländereck

Wobei, Schluss war ja schon ein paar Kilometer vor der Grenze. Ich muss schon sagen, es ist ein eigentümliches Gefühl, hier einfach so zu stehen, dann einen kleinen Schritt über ein kaputtes Betonteil zu machen und im Westen zu sein! Irgendwo tief in einem drin, gibt es immer noch die Grenze, die ja schon lange nicht mehr existiert.

Dann weiter, weiter, weiter durch den Regen. Punkt 12 Uhr kann ich das erste Mal Hof sehen. Es dauert aber noch 20 Minuten, bis ich in der Stadt bin. Und dann sieht es ganz danach aus, dass ich meinen letzten, noch fehlenden, Stempel nicht bekomme. Kirchen geschlossen. Pfarrer nicht da. Gemeindebüro öffnet erst 15 Uhr. In der Nähe des Rathauses spreche ich dann einfach eine Frau an, die mir erklärt, wie ich nahezu illegaler Weise zu dem Stempel kommen kann, was dann schlussendlich auch geklappt hat. Dass ich meine Tour mit einer typischen Hofer Spezialität krönte, war klar. Den Wärschlamoa hats gfreit und mir geschmeckt.

Hofer Würstchen mit Bautzener Senf. So schließt sich der Kreis!

Hofer Wärschlamoa
Sächsischer Jakobsweg – ein Fazit

Sicherlich erhoffen manche von euch eine allgemeingültige Einschätzung des Weges. Das kann, will und werde ich nicht tun. Das geht auch nicht wirklich, da ich ja zu einer sehr speziellen Zeit den Weg gegangen bin. Eigentlich war der Sächsischen Jakobsweg nur eine Notlösung dieser speziellen Zeit geschuldet.

Wer einmal wie ich in Skandinavien Pilgern war, wird von diesem Weg enttäuscht sein. Man findet erst im Vogtland ein wenig Ruhe. Auch hatte ich das Gefühl, dass die meisten Menschen, denen ich begegnet bin, durchaus von der Corona-Situation gezeichnet waren. Freundlich geht anders! Auch das weite Laufen über stark befahrene Straßen bzw. Beton- und Pflasterwege sind nicht geradezu angenehm. Wir befinden uns eben in einer Kulturlandschaft im Herzen Europas. Da meine Beherbergung doch mehr oder weniger illegal stattfand und eine Versorgung mit Lebensmitteln selbst organisiert werden musste, musste ich doch teilweise Esserei für 2 – 3 Tage im Rucksack dabei haben. Man konnte eben nicht mal schnell beim Bäcker einen Kaffee trinken oder abends noch auf ein Bier ausgehen. Okay, einen Trekker wird es nicht stören, aber wenn man bloß mal ein paar Tage pilgern will…!

Ausrüstung? Wird überbewertet! Schließlich hat man ja keinen Riesentrip und vielleicht Outdoor vor sich, wo mit jedem Gramm gegeizt werden muss! Auch ich habe wieder die Erfahrung gemacht, dass vieles gleich von Anfang an zuhause hätte bleiben können. Aber da hat jeder seine eigenen Vorlieben und Ansprüche und die muss er dann halt auch tragen!

Sollte doch jemand genau wissen wollen, was ich für Equipment hätte, dann einfach eine Mail an mich!

Mal sehen, ob ich hier weiter mache?